"Die Poetik des Aristoteles'"
Nr. 113: "Die Poetik des Aristoteles'", von Arch. DI Andreas Westhausser.
Der griechische Universalgelehrte Aristoteles gliedert die Wissenschaften in drei große Gruppen (theoretische, praktische und poetische). Seine um 335 v. Chr. verfasste "Poetik" beschäftigt sich mit der Dichtkunst und deren Gattungen und steht im Zusammenhang mit seiner "Rhetorik", insofern beide Schriften Sprache und Kommunikation thematisieren, sowie mit seiner "Politik", insofern Dichtkunst wie Redekunst zentrale gesellschaftliche Funktionen in der griechischen polis hatten. In der "Poetik" werden Beispiele aus Dramen und Epen besprochen und mittels eines Begriffsinstrumentariums analysiert, die Handlung, der mythos wird in den Vordergrund gestellt, und es geht dabei mehr um Struktur als um Stil. Dabei formuliert Aristoteles eine Kritik an der "Ideenlehre" seines Lehrers Platon und argumentiert, dass das wahre Sein in der Verbindung von Form und Inhalt der Dichtung verwirklicht, sozusagen geschaffen werde. Architektur kann mit Bezug auf Aristoteles als Resultierende von Aktionen gesehen werden, mit denen materielle Dinge so in Beziehung gesetzt werden, dass sie für den Menschen bedeutungsvoll werden. Entwerfen, Bauen, der Gebrauch von Architektur und, damit gekoppelt, ihre Interpretation, einschließlich emotional-psychologische und physiologisch-körperliche Reaktionen lassen sich als Handlung verstehen - Architektur als Ergebnis eines dynamischen Prozesses, das immer auch die Möglichkeit zukünftiger Handlungen in sich trägt!
Quelle: Zweihundertfünfzig Dinge, die Architekt:innen wissen sollten, Michael Sorkin / Jörg H. Gleiter in "Architektur als philosophische Praxis" in der architekt 2019 – 4, BDA (https://bit.ly/4aZOi0q)